DIE REPLIK DES MITTELALTERLICHEN GLASOFENS IN HAVLÍČKŮV BROD
Die Forschung der Geschichte der Glasmacherei in der Böhmisch-Mährischen Höhe führte zu einer wichtigen Fragestellung im Bestehens von mittelalterlichen Hütten auf diesem an notwendigen Rohstoffen so reichen Gebiet. Es ist äußerst seltent, Relikte einer solchen Hütte im entsprechenden Gelände zu entdecken, wenn keinerlei Nachrichten außer den Orts- oder Flurnamen erhalten blieben. Ein Team von Enthusiasten und Fachleuten um das Museum Vysočina in Havlíčkův Brod versuchte experimentell zu untersuchen, ob es möglich gewesen wäre, eine solche Hütte aus örtlichen Ressourcen aufzubauen und die Glasschmelze technisch durchzuführen. Die hierbei entworfene Ofenrekonstruktion basierte auf archäologischen Funden in Mitteleuropa und historischen Bilddokumenten. Die Grundlage des Ofens besteht ausschließlich aus lokalem Gestein aus dem Steinbruch in Pohled. Die selbsttragende Kuppel ist mit Lehm aus Kejžlice geformt, der mit dem Quarzstein vermischt ist. Der Ofen ist über drei Meter lang und über zwei Meter hoch. Zum Heizen nutzte man vor allem Buchholz. Das Glasgemenge besteht aus zerkleinertem Quarzgestein, der nach historischen Rezepten mit Buchenasche vermischt und in manchen Fällen noch mit Pottasche (Aschenauszug) ergänzt wird. Diese Komponenten sorgen für einen niedrigeren Schmelzpunkt des Quarzgesteins. Die Mischformel des Glasgemenges konnte durch eine chemische Analyse von mittelalterlichem Originalglas bestätigt werden.
Die Schmelze selbst erfolgt mit allmählichem Aufheizen des Ofens im Zeitraum von etwa fünf Tage. Vier Jahre der Forschung mit Versuchsschmelzungen brachten nicht nur Erkenntnisse über technische Möglichkeiten mit lokalen Materialien, sondern auch viele Überraschungen. Der größte Erfolg ist das Halten der Temperatur von 1.100° bis 1.260° C, d.h. der zum Durchschmelzen des Glasgemenges notwendigen Temperaturen und die anschließende Verarbeitung der Glasmasse mithilfe der Glasmacherpfeifen zur Formung von Bechern und weiteren Produkten. Weiters wurden durch Erhitzen von Quarzgestein und Asche vor der Schmelze mit einem kleineren Frittofen einzelne Experimente zur Aufbereitung von Glasgemenge vorgenommen. Vermutlich erfolgte ein solcher Fabrikationsgang in Europa zum ersten Mal mit Hilfe eines solchen Ofens.